
Immer wieder machen wir im Leben die Erfahrung, dass wir nicht das ausdrücken, was eigentlich in uns lebendig ist. Dass wir nicht das sagen, was wir eigentlich sagen wollen. Dass wir bestimmte Gefühle unterdrücken, sie verstecken. Dass wir die „Contenance“ bewahren wollen oder cool sein möchten. Das wir das „Good Girl“ sind, gerade auch in Verbindung mit Männern. Das alles sind Schutzmechanismen aus Angst, dass wir zurückgewiesen werden könnten, dass unser Herz verletzt werden könnte, wenn wir uns offenbaren. Auf Dauer machen uns diese Schutzmechanismen aber unglücklich, denn sie trennen uns von uns selbst – und damit auch von anderen. Denn nur, wenn wir mit uns selbst wirklich gut in Verbindung sind, können wir auch echte, tiefe Verbindungen mit anderen Menschen erleben. Das zu verkörpern, was in mir ist, ist mein Weg zu lernen, diese Schutzmechanismen fallen zu lassen – und ein authentisches Leben in Verbundenheit zu kreieren.
Vielleicht hast du den Begriff Embodiment schon öfter gehört, vielleicht praktizierst du es regelmäßig, vielleicht ist dir dieser Ausdruck ganz neu. Wenn du nach Embodiment im Internet recherchierst, findest du viele verschiedene Erklärungen dazu. Und ich möchte mit dir in diesem Blogbeitrag meinen ganz persönlichen Blick auf Embodiment teilen, dir von meinen eigenen Erfahrungen damit erzählen.
Viele wissenschaftliche Disziplinen, wie etwa die Soziologie, die Philosophie oder auch die Psychologie befassen sich schon länger mit dem Konzept des Embodiment. Und gerade in der Yogaszene, im Coachingbereich und in spirituellen Kreisen ist Embodiment mittlerweile sehr populär. Embodiment meint die Verbindung zwischen Körper und Emotionen bzw. Körper und Geist oder auch Körper und Bewusstsein. Und das in beide Richtungen. Gemeint ist damit, dass einerseits deine Emotionen deinen Körper beeinflussen. Wenn du an den Begriff der Körpersprache denkst, ist das vielleicht noch besser verständlich. Wenn du beispielsweise Angst in dir fühlst, dann drückst du das in gewisser Form über deinen Körper aus. Indem du etwa eine dich schützende oder zurückgezogene Körperhaltung einnimmst. Und andererseits beeinflusst aber auch dein Körper deine Emotionen.
Wenn du z.B. deine Körperhaltung veränderst, dann verändert sich oft auch etwas in deinem Innenleben. Wenn du z.B. lächelst, wirkt sich das auf dein emotionales Empfinden aus. Oder auch, wenn du die Arme weit aufmachst, ein wenig in die Rückbeuge gehst und ganz tief ein- und ausatmest. Dann wirst du dich automatisch freier und offener fühlen, als wenn du dich ganz klein machst, zusammenkauerst und die Arme schützend um dich legst.
Dein Körper macht sichtbar, was in dir lebendig ist
Dein Körper ist ein Ausdruck dessen, was in dir lebendig ist. Über deinen Körper wird also sichtbar, was in dir gerade in Bewegung ist. Somit trägst du über deinen Körper etwas über dich raus in die Welt. Daher können dich andere Menschen über deinen Körper erfahren. Literally. Auf der Sinnesebene. Indem sie dich berühren. Indem sie dich sehen. Indem sie dich hören. Aber natürlich können sie dich auch auf einer subtileren Ebene wahrnehmen. Weil das, was in dir ist, wahrnehmbar wird über deinen Körper – auch wenn das oft nicht direkt benannt werden kann. Es ist trotzdem da. Und erlebbar.
Ich möchte dir dazu ein Beispiel geben, damit es greifbarer wird für dich. Vielleicht kennst du das. Du begegnest einem Menschen. Einer Führungsperson. Jemand, die oder der eine Führungsfunktion inne hat. Vielleicht hast du das schon mal mit Chefinnen oder Chefs erlebt. Oder mit anderen Menschen in sogenannten „hohen Positionen“. Du begegnest diesem Menschen, hast ein Gespräch, ein Meeting, eine Verhandlung. Irgendwie bist du irritiert. Und kannst es nicht richtig greifen. Am Ende erzählst du einer Kollegin oder deinem Freund: „Der war irgendwie komisch. Der hat das so gar nicht verkörpert.“ Und in diesem Ausdruck liegt der Kern von Embodiment. Denn auf Deutsch heißt der Begriff ja nichts anderes als „Verkörperung“.
Wenn wir bei einer Führungsperson das Gefühl haben, dass diese das nicht wirklich verkörpert, dann kann das daran liegen, dass diese Person gewisse Qualitäten einer Führungspersönlichkeiten nicht in sich trägt. Nicht lebt. Für mich sind typische Qualitäten eines Menschen, die oder der ein „Leader“ ist z.B. Erdung. Aber auch innere Klarheit, innere Verankerung und Bewusstheit. Wenn wir nicht spüren, dass die Person vor uns gut mit sich verbunden ist, geerdet ist, in sich klar und vor allem auch bewusst ist, dann irritiert uns das. Und all das können wir über den Körper der Person wahrnehmen. Über die Körperhaltung. Wie sie steht oder geht. Was sie mit ihren Armen macht. Wie die Schultern positioniert sind. Wie ihr Blick ist. Wie sie spricht. Was sie sagt. Wie sie dir zuhört.
Du kannst das Leben nur über deinen Körper erfahren
So wie dich andere Menschen nur über deinen Körper erfahren können, kannst auch du das Leben nur über deinen Körper erfahren. Du kannst dich selbst nur über deinen Körper erfahren. Denn dein Körper ist das „Tool“ mit dem du mit dir selbst in Verbindung treten kannst. Am einfachsten funktioniert das über deinen Atem. Und auch andere Menschen kannst du nur über deinen Körper erfahren. Du kannst die Welt nur über deinen Körper erfahren. Dafür ist dein wunderbarer Körper da.
Embodiment bedeutet auch, wirklich präsent zu sein mit dem, was in dir ist. Und genau darin liegt auch das große Geschenk von Embodiment. Denn Embodiment ist ein wundervolles Tool, um dich mit dir selbst zu verbinden. Um mit dir in Kontakt zu treten – abseits von Gedankenkarussellen und Co. Und zu fühlen, was wahrhaftig ist für dich. Du kommst über deinen Atem – und über die bewusste Wahrnehmung des Raums um dich – in deinen Körper und auf diese Weise deinem Innersten, der Wahrheit deines Herzens ganz nahe. Und das in dem Moment ganz unabhängig von Reflexionen, Analysen, Gedanken, alten Glaubensmustern und all dem, was uns oft im Weg steht, um wirklich authentisch das zu leben, was uns voll und ganz entspricht.
Mit Embodiment mit schwierigen Emotionen umgehen lernen
Embodiment ist für mich auch ein wunderbares Tool, um mit schwierigen Emotionen umgehen zu lernen. Denn die Sache ist die: Es ist so wichtig, über das, was uns belastet, zu sprechen. Mit Freundinnen und Freunden. Mit einem professionellen Begleiter. Einem Coach. Oder einer Therapeutin. Dinge auszusprechen, kann so entlastend sein. Außerdem ist Verstehen sehr heilsam. Wenn wir verstehen, warum wir fühlen was wir fühlen, dann kann das auch sehr entlastend sein. Und uns helfen, anzunehmen, was ist. Und uns vor allem nicht für unsere Empfindungen zu verurteilen.
Und parallel gehen die schwierigen oder herausfordernden Emotionen, die wir oft einfach nicht fühlen wollen, weil sie so anstrengend und belastend sind, häufig nicht weg, wenn wir immer nur darüber reden. Immer nur aus dem Verstand heraus schwierigen Emotionen zu begegnen, kann auch – aus meiner persönlichen Erfahrung – ein Weg der Vermeidung oder Verdrängung sein. Ein Weg zu vermeiden, diese Emotionen auch tatsächlich zu fühlen. Wenn du also vielleicht schon alles rund um deine Emotion verstanden und angenommen hast, auch bewusst Frieden damit geschlossen und losgelassen hast, kann das Gefühl immer noch da sein. Und dann kann es vielleicht helfen, die Emotion bewusst zu fühlen.
Meine persönliche Erfahrung ist, dass sich meine Emotion transformieren kann, wenn ich ihr bewusst Raum gebe, sie fühle, sie über meinen Körper zum Ausdruck bringen. Weil ich sie dadurch in mir in Bewegung bringe – und sie nicht mehr einfach nur in meinem Körper feststeckt. Ganz wichtig dafür ist, dir dafür einen save space zu schaffen, also einen sicheren Raum. Entweder einen Raum, den du dir selbst kreierst, indem du dir den Ort schön gestaltest, dich auf einen zeitlichen Rahmen festlegst, ein Ritual hast, wie du auch wieder gut aus der schwierigen Emotion herauskommst etc. Und wenn du damit noch wenig Erfahrung hast und du dir das fühlen noch zu sehr Sorge bereitet, dann kann es sehr hilfreich sein, dir eine Begleitung zu suchen, die diesen sicheren Raum für dich kreiert und dir den Raum auch sicher hält.
Wenn wir die Erfahrung machen, dass wir auch die schwierigen Gefühle in uns halten können, dass wir auch mit den herausfordernden Gefühlen sein können, dann unterstützt uns das, in unsere innere Stabilität zu finden. Denn wir fühlen uns durch diese Erfahrungen immer mehr in uns verankert, immer besser mit uns verbunden – und so können schwierige Emotionen auch ein Stück weit ihren Schrecken verlieren. So werden wir offener für alles, was in uns lebendig ist – und auf diese Weise immer offener für unser Ganzheit. Damit ist Embodiment für mich ein ganz wichtiges Tool in meine Kernstabilität zu finden und die „Sacred Union“ in mir zu kreieren.
Gleichzeitig ist Embodiment dadurch auch eine wichtige Grundlage für ein schönes, gesundes Miteinander, für schöne Beziehungen auf allen Ebenen. Denn Embodiment unterstützt uns, achtsam zu werden für unsere wahren Empfindungen, für unsere wahren Gefühle, mit diesen zu sein und aus dieser inneren Stabilität heraus zu lernen, all das, was in uns ist, gegenüber anderen zu offenbaren, also zu verkörpern und sichtbar zu machen. Und das ist die Basis, damit wir Menschen uns aus unserem Herzen heraus wahrhaftig begegnen und wirklich miteinander verbinden können.
Wenn du Lust bekommen hast, Embodiment zu erfahren, dann schau dir mein Coaching-Angebot an. Auch in meinen Coachings ist Embodiment ein zentraler Bestandteil.
Foto: Grundstein 39